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Cybercrime-Anzeigen sind erneut angestiegen

Die Polizei in Österreich hat im vergangenen Jahr ein Plus von 9,4 Prozent in der Anzeigenstatistik bei Internetkriminalität registriert. Mit 65.864 Fällen 2023 setze sich der Aufwärtstrend bei Cybercrime weiter fort, wie Andreas Holzer, Direktor des Bundeskriminalamts, und Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Donnerstag bei der Präsentation des Cybercrime-Lageberichts betonten. Betrugsdelikte machen dabei erneut den Löwenanteil der Anzeigen aus, hieß es.

Kriminalität im Internet nimmt weiter zu
Kriminalität im Internet nimmt weiter zu

Holzer verwies auf einen neuen Höchststand von 34.069 angezeigten Fällen und ein Plus von 23,3 Prozent im Vergleich zu 2022 beim Deliktsfeld Betrug. Darunter summiert die Polizei unter anderem betrügerische Anrufe oder Investitionsangebote, falsche Gewinnversprechen sowie Love Scams, Phishing-Attacken und betrügerische Aktivitäten im Onlinehandel. Neben einzelnen Tätern hätten vor allem organisierte Tätergruppen das vergangene Jahr dominiert, hieß es. Ein problematisches Phänomen seien zudem weiterhin Trickbetrugsdelikte nach dem Motto "falsche Polizisten". Allein im Jahr 2023 sei dadurch in Summe ein Schaden von 20 Millionen Euro angerichtet worden, erklärte der leitende Beamte.

"Der digitale Wandel hat schlussendlich auch die kriminelle Welt erfasst", resümierte Holzer bei der Pressekonferenz. "Die Kriminellen haben sich angepasst und arbeiten unter dem Motto: minimaler Aufwand - maximaler Erfolg." Bei fast jedem Ermittlungsfall gebe es eine digitale Komponente. "Wir sprechen hier von über 90 Prozent", so Holzer.

Auch Erpressungen über das Internet nahmen zu, 2023 wurden 3.891 Fälle angezeigt. Die Infizierung mit Ransomware bleibe ebenfalls eine Gefahr, meist begleitet von Geldforderungen in Kryptowährungen.

Bei Straftaten, bei denen Angriffe auf Daten oder Computersysteme mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnik begangenen werden (Cybercrime im engeren Sinn), wie Hacker- oder DDoS-Angriffe wurde vergangenes Jahr ein Rückgang von 6,4 Prozent verzeichnet. Holzer relativierte diese Zahl jedoch und verwies auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes aus dem Jahr 2023. Seither wird das Beheben von Geld an einem Bankomaten mit einer zuvor entwendeten Karte nicht mehr als "Betrügerischer Datenverarbeitungsmissbrauch" und damit als Cybercrime im engeren Sinn sondern als Einbruch gewertet. "Man darf sich davon nicht täuschen lassen", so Holzer. "Die Cyberkriminalität steigt im Gesamten." Die Polizei unterscheidet intern zwischen Internetkriminalität im Cybercrime im engeren und weiteren Sinn, bei der Informations- und Kommunikationstechnik als Mittel zur Planung, Vorbereitung und Ausführung von herkömmlichen Straftaten wie beispielsweise Betrug, Drogenhandel oder Cybergrooming sowie Cybermobbing eingesetzt wird.

Die Aufklärungsquote lag im vergangenen Jahr bei 31,6 Prozent und damit etwas unter jener von 2022 (33,9 Prozent). "Es ist unser Wille, hier besser zu werden", sagte Innenminister Karner. Er erwähnte in diesem Zusammenhang erneut die Schaffung der in der jüngsten Kriminaldienstreform vorgesehenen Kriminalassistenzdienststellen (KAD) in den Regionen. "Die ersten 20 davon werden im Juni bereits ihren Dienst aufnehmen", sagte der Minister. Karner verwies zudem auf das Cybercrime-Competence-Center (C4) des Bundeskriminalamts, das aktuell über 100 spezialisierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügt und für das im Endausbau ein Personalstand von 120 Köpfen vorgesehen ist. Zudem wolle die Polizei weiter die Prävention forcieren. Karner nannte in diesem Zusammenhang Kooperationen mit der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer, das Projekt "Gemeinsam sicher" sowie den Austausch mit den österreichweit drei Cyber-Handelsakademien (HAK) in Wien, Tamsweg und Horn.

Nicht zuletzt forderten Karner und Holzer am Donnerstag erneut mehr Möglichkeiten in Zusammenhang mit der Überwachung von Messengerdiensten und Internettelefonie. Was die Umsetzung dieses Ziels angeht, gab sich der Minister am Donnerstag hartnäckig. Er werde hier "nicht locker lassen", sagte Karner im Rahmen des Medientermins. "Ich und die Polizei wollen keinen Bundestrojaner, keine generelle Überwachung für Bürgerinnen und Bürger", führte Karner aus. Es gehe stattdessen um zeitgemäße Methoden für die Sicherheitsbehörden notwendig, zum Schutz vor "schwersten Straftaten, die es zu verhindern gilt." Holzer ergänzte: "Man würde auch keinen Tischler kritisieren, der nach einem Hobel verlangt." Die Polizei brauche "diese Werkzeuge".

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