Die Kickl-FPÖ versinke "immer tiefer in einem Sumpf von Skandalen und Korruption", ein Rücktritt "aller Beschuldigten" - darunter des Parteichefs - wäre überfällig: Dies erklärte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker am Dienstag in einer Pressekonferenz, dies ist auch die Argumentationslinie der ÖVP bei den kommenden Sitzungstagen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses über den "blau-roten Machtmissbrauch".
Wobei die ÖVP das Untersuchungsthema (nämlich die Umtriebe in einst FPÖ- und FPÖ-geführten Ministerien) sehr offenherzig auslegt. Wie am Mittwoch bekannt wurde, will die ÖVP auch die mögliche Parteifinanzierungsaffäre der steirischen FPÖ zur Sprache bringen, ungeachtet der Tatsache, dass der U-Ausschuss nur Vorgänge der Bundesverwaltung untersuchen darf. Einen Verbündeten hat die ÖVP im aus der Grazer FPÖ ausgeschlossenen Gemeinderat Alexis Pascuttini gefunden, der angekündigt hat, alle Fragen zu dieser Affäre beantworten zu wollen. Falls diese überhaupt zugelassen werden.
Wasser auf die Mühlen der ÖVP ist der Umstand, dass die WKStA auf ausdrückliche Weisung der Wiener Oberstaatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache und die ehemaligen FPÖ-Minister Kickl, Norbert Hofer (derzeit dritter Nationalratspräsident), Mario Kunasek (derzeit steirischer FPÖ-Spitzenkandidat) und Beate Hartinger-Klein aufgenommen hat. Es geht um Inseratenzahlungen an die Mediengruppe "Österreich" als mutmaßliche Gegenleistung für wohlwollende Berichterstattung - ein Vorwurf, den die betreffenden Politiker ebenso bestreiten wie Verleger Wolfgang Fellner.
Doch das ist nicht alles, was Kickl vorgeworfen wird. Der U-Ausschuss thematisierte kürzlich auch die Affäre um die Agentur "Ideenschmiede", die 2005 von Kickl und einem Partner begründet worden war. Diese Agentur machte mit den freiheitlichen Regierungsbüros in Kärnten gute Geschäfte, die Rede war aber auch von Kick-back-Zahlungen an die FPÖ Kärnten. "Bei Aufträgen von FPÖ-Landesregierungsbüros (sowie ihnen angegliederten oder zuzurechnenden Gesellschaften) bekommt die FPÖ-Kärnten 20% des Auftragsvolumens von der Agentur gutgeschrieben", wurde damals, wie der "Falter" aufdeckte, ausdrücklich vereinbart. In der Folge wurde der Kickl-Kompagnon gerichtlich verurteilt. Gegen Kickl hingegen wurde nicht einmal ermittelt. Im U-Ausschuss beteuerte der FPÖ-Chef, dass seine Teilhaberschaft bei der "Ideenschmiede" nie gelebt wurde und die Zusammenarbeit längst ausgelaufen sei.
Die ÖVP nimmt ihm das nicht ab: "Wozu schließt man aber Verträge in Notariatsaktsform und bezahlt viel Geld dafür, nur um dann zu erklären, dass alles sowieso nicht so gewesen wäre?", fragt Generalsekretär Stocker. Der auch geklärt haben will, "welche Kontakte zwischen Egisto Ott und Vertretern der FPÖ wie Ex-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein, Generalsekretär Christian Hafenecker und dem Kabinett des damaligen Innenministers Kickl bestanden haben". Bekanntlich besteht der Verdacht, dass Ott der Verfasser jenes anonymen, von Vorwürfen gegen das BVT strotzenden Konvoluts war, das Kickl als Vorwand für seine Razzia bei den Terrorismusbekämpfern diente.